Blasmusik, Jazz & Rockstar-Feeling: das momag traf den Trompeter Thomas Gansch.

Foto: Thomas Gansch
Thomas Gansch | Der in Melk aufgewachsene Trompeter Thomas Gansch fühlt sich überall zuhause. Blasmusik, Jazz, Klassik, Pop oder Crossover – seine Projekte wie Mnozil Brass, Gansch & Roses oder Gansch & Breinschmid sind international bekannt und beliebt. Er stand mit vielen namhaften Musikern wie Patti Smith, Kurt Ostbahn oder Konstantin Wecker auf der Bühne. Mit dem momag sprach er über seine Bestimmung, Trompeter zu werden und was gewesen wäre, wenn alles anders gekommen wäre.
Du kommst aus einer Musiker-Familie und bist quasi mit der Trompete an deinen Lippen groß geworden. Habt ihr auch gemeinsam musiziert?
Nicht im Sinne von Hausmusik. Mein Vater war Kapellmeister und so war die Kapelle oft im Haus zum Proben. Wir haben aber nie wirklich gemeinsam gespielt. Es gab „Üben unter verschärften Bedingungen“. Beim Vater Unterricht zu haben ist das Schlimmste. Ich gebe das gerade an meinen eigenen Sohn weiter (lacht). Der muss mit mir Klavier üben.
Du hast mit 17 Mnozil Brass mitgegründet. War‘s von da an klar, dass du Musik zum Beruf machst?
Ich war 16, als wir Mnozil Brass gründeten. Und nein, überhaupt nicht. Mnozil Brass war eine reine Wirtshaus-Gaudi-Partie. Es gab einmal im Monat einen Musikanten-Stammtisch im „Gasthaus Josef Mnozil“. Wie eine Jamsession, nur dass alle Blechbläser vom Land kamen und durch ihr Mitwirken bei Blaskapellen dasselbe Repertoire hatten. Jeder konnte aus dem Stand zehn Märsche, zehn Polkas und fünf Walzer spielen. Dort haben wir Monat für Monat gespielt. Es war immer ein heilloses Durcheinander. Eine Katastrophe. Dann ist ein Stück aus und alle schreien vor lauter Freude. Das waren unglaublich orgiastische Erlebnisse. Mnozil Brass haben 1992 im Herbstsemester begonnen. Im Jänner 1993 war das Lichtermeer gegen das „Ausländervolksbegehren“ von Jörg Haider und wir wurden gefragt, ob wir dort spielen könnten. Kurz vor dem Auftritt wurden wir gefragt: „Wie heißt ihr überhaupt?“ Ich meinte darauf: „Mnozil Brass“. Das war das Naheliegendste. Von 1992 bis 1996 haben nur in Wirtshäusern, bei Biobauern-Märkten, Hochzeiten, Tanzereien, bei Begräbnissen, Firmenfeiern und so gespielt. Im Wirtshaus haben wir gelernt, uns die Leute zu holen. Wir mussten ein persönliches Erlebnis daraus machen. Ich finde nichts dabei, bei einer Firmenfeier zu spielen, obwohl es dort immer heißt: „Die Musik soll sich im Hintergrund halten“. Begleitmusik machen und schön ruhig und brav sein hat mir nie besonders gefallen. Darum hat es immer so geendet, dass eine Traube von glücklichen Betrunkenen um uns herum gestanden ist und sich ein Lied nach dem anderen gewünscht hat. Wir haben natürlich auch dementsprechend viel mitgetrunken. Das Geschäftsmodell von Mnozil Brass war „Wenn ich die Leute gut unterhalte, bekomme ich viel zu trinken und zu essen.“ (lacht)

Foto: Brigitte Gansch
Und wie lange kann man trinken und spielen?
Bis man nicht mehr spielen kann. Ich habe zu diesem Thema verschiedene Studien durchgeführt. Bisher ging es immer. Irgendwie. (lacht) Ab dem Zeitpunkt, wo Hirn und Hände unabhängig voneinander versuchen zu funktionieren, geht es nicht mehr. Das ist heute natürlich anders. Da wird erst nach dem Spielen ein Glas getrunken.
Du hast schon mit sehr vielen großartigen Musikern gespielt. Unter anderem Patti Smith oder Konstantin Wecker, die Wiener Symphoniker. Was waren da die musikalisch größten Herausforderungen?
Das Faszinierende ist – es ist ein wenig wie im Film „Matrix“, als Neo am Ende den Code lesen kann – diese Situation gibt es auch beim Spielen. Man ist „in control“. Das ist das Beste, das es gibt. Die geilste Zeit überhaupt für mich war beim Vienna Art Orchestra. Mit so einem großen Apparat von zwanzig Wahnsinnigen unterwegs zu sein. Es gibt nichts Schöneres. Ich habe dort so viel gelernt. Das war mein eigentliches Studium. Man kann Musik nicht einfach erlernen. Das ist etwas, was man machen muss. Speziell improvisierte Musik. Natürlich muss man Sachen üben, aber das eigentlich Spannende, bei dem man lernt, ist das zusammen auf Tour sein.
Die Geschichte mit Patti Smith war lustig. Ich habe mit „Gansch & Roses“ bei der Eröffnung der Ruhrtriennale 2005 gespielt, wo sie am selben Abend ein Konzert gab. Ich habe bei der Aftershow-Künstler-Party gespielt und sie ließ mich zu sich rufen. Ich kam in die Garderobe, wo diese Frau sitzt und auf einer Klarinette dudelt. Sie begann, mir Geschichten zu erzählen und fragte, ob sie mit der Klarinette bei uns bei einer Nummer mitspielen könnte. Sie hat weiter Geschichten erzählt und ich fragte schließlich: „Was wollen Sie eigentlich wirklich?“ Erst dann erklärte sie mir, sie suche jemanden für ein Flügelhorn-Solo für eine Platte. Sie haben dafür Chet Baker gefragt, der aber viel zu viel Geld verlangt hat. Am Ende hat es der Bassist von den Red Hot Chili Peppers, gespielt. Auf jeden Fall wollte sie, dass ich den Part beim Konzert übernehme. Sie hat mich auf die Bühne gerufen, da wusste sie nicht mehr wie ich heiße. Sie meinte: „I don’t know his name, but…“. Der traut sich was, irgendwie so. (lacht) Am Ende waren auf jeden Fall alle glücklich und mir sind alle, die mich vorher nicht wahrgenommen haben, um den Hals gefallen. Dann war ich so quasi im Club. Solche Erlebnisse sind natürlich immer interessant.
Blasmusik, Jazz, Worldmusic, Pop, Rock. Gibt es für dich musikalische Grenzen?
Nein, überhaupt nicht.
Muss man als Profi viel üben?
Trompete spielen ist wie Gewichte heben. Du musst deine Muskeln erhalten und wenn du das zwei Tage lang nicht machst, bist du „im Oasch daham“. Das darfst du schon so schreiben, oder? (lacht)
Ich denke schon. Wie viele Trompeten besitzt du?
Irgendwas zwischen fünf und zehn Trompeten. Einige davon habe ich auch verliehen, denn es wäre schade, wenn sie nicht gespielt würden.
Es gibt ja bauliche und klangliche Unterschiede bei Trompeten.
Bei den Klangunterschieden liegt es daran, welches Material man verwendet, wie dick es ist, wie die Mensur ist, ob konisch oder nicht. Die Größe der Bohrungen. Da gibt es viele Faktoren. Und es gibt viele Tricks, die ein Instrumentenbauer anwendet, um eine gewisse Klangcharakteristik zu erhalten. Aber im Prinzip machst den Ton dann du und nicht die Trompete. Insofern musst du ein Instrument finden, das dir am besten liegt.
Du hast ein Bild von einer tollen Trompete gepostet, die du vom Manker Musikhaus Schagerl erhalten hast.
Ja, ich spiele Schagerl-Trompeten. Unsere Väter haben schon in den 50er Jahren gemeinsam gespielt und das ist eine lange gewachsene Verbindung. Die machen super „Hörner“ für mich. Gemeinsam mit Robert Schagerl habe ich auch eine Trompete und ein Flügelhorn entworfen und diese werden auch serienmäßig gebaut. Das heißt „Gansch-Horn“. Jetzt habe ich ein neues Flügelhorn bekommen, das „Killer Queen“ heißt (lacht). Das gepostete Bild hat übrigens unglaubliche 1.300 Likes oder so. Nicht schlecht für einen Mostviertler Trompeter (lacht).
Du bist sehr viel im In- und Ausland unterwegs. Wo lässt sich das Publikum am schnellsten begeistern?
Das ist ein subjektives Empfinden. Es gibt natürlich Länder, wo die „Ausflipp-Kultur“ höher ist, als in anderen. Die Amerikaner machen gerne Standing Ovations. Da brauchst du nur auf die Bühne gehen und die stehen schon. Wenn du wo anders am Ende Standing Ovations bekommst, ist es ein Zeichen dafür, dass du etwas wirklich Tolles geschafft hast. Anderswo wiederum klatschen die Leute überhaupt nicht und du glaubst, die hassen das. Aber sie lieben es genauso. In Japan und Taiwan war das ganz besonders arg (lacht), da klatschen die Leute zwischen den Songs kaum. Auch wenn ein Stück aus ist. Die lassen ihre Begeisterung dann eher am Ende raus. Aber sehr kontrolliert. Dass die mal ausflippen, das hast du höchstens mal in Tokio oder Osaka. Da hast du das Gefühl: „Das war heute nichts Besonderes“, doch nach dem Konzert musst du eine Stunde lang Autogramme geben. Am Lautesten für Mnozil war das Publikum in Portugal. Da gab es ohrenbetäubendes Gepfeife und Geschrei schon beim auf die Bühne kommen. Das ist natürlich geil. Da hat man ein wenig dieses Rockstar-Feeling. In den Ländern, wo es eine große Brass-Band-Kultur gibt – also Großbritannien, Niederlande und Schweiz – ist die Begeisterung auch speziell. Kommt mir vor.
Wenn du kein Musiker geworden wärst, welchen Beruf hättest du gewählt?
Zeichnen. Comics. Naja, ich weiß nicht. Diese Frage hat sich nie gestellt. In der Pubertät wäre ich lieber Dachdecker geworden als Musiker. Das ist mir aber schnell wieder abgewöhnt worden. Darüber bin ich froh, muss ich heute sagen. Mein einziges Talent beziehungsweise was mich noch interessiert hätte, wäre im zeichnerischen Bereich gewesen. Gemeinsam mit meinem Sitznachbarn, dem Martin Eckl, habe ich in der Schule die ganze Zeit nur Blödsinn gemacht und gezeichnet. Er war irrsinnig gut im Comics zeichnen. Ich war der Meister der Raumschiffe. Aber es hat nie dieses Stadium verlassen.
interview | petra ortner
web | www.ganschandroses.at
www.mnozilbrass.at
www.facebook.com/thomas.gansch
www.schagerl.com/Gansch-Horn/schagerl-gansch-horn/Menu-ID-88.html
termine | 9.+10.2.2015, Wien, Konzerthaus