Ein Schuss Kernöl, eine Prise Wahnsinn: “Gnackwatschn” mischen Ska-Punk mit Steirischer Volksmusik

Foto: www.gnackwatschn.at
Gnackwatschn. Gäbe es eine Definition des Wortes im Duden, so müsste sie „Dialektmusik mit einem Schuss Kernöl und einer Prise Wahnsinn“ lauten. Fünf junge Steirer, die seit 2010 Ska-Punk mit Steirischer Volksmusik vereinen. „Quetschn“-Spieler Gregor im momag-Gespräch.
Wie seid ihr auf eure Art von Musik gekommen? Volksmusik mit Ska-Punk.
Wir sind große Ska-Punk-Fans, aber verabscheuen auch die Volksmusik nicht. Unser Sänger kam mit der Idee, das zu mischen. Wir haben dann ein wenig herumprobiert und es hat wirklich super geklappt.
Seid ihr die österreichischen Dropkick Murphys oder Flogging Molly?
Wenn die Leute sagen, wir sind die steirischen Flogging Molly, dann kommt das ziemlich gut hin. Aber eigentlich kann man unsere Musik nicht wirklich einordnen.
Wie bist du zur Steirischen Harmonika gekommen?
Ich bin gezwungen worden (lacht). Von meinen Eltern, als ich sieben Jahre alt war. Mit 14 Jahren habe ich damit aufgehört, aber mit 18 wieder begonnen, weil wir die Band gegründet haben. Jetzt gefällt‘s mir umso mehr. Also irgendwie bin ich schon froh darüber, dazu gezwungen worden zu sein.
Wie seid ihr auf den Bandnamen „Gnackwatschn“ gekommen?
Unser Proberaum ist ein altes Klassenzimmer, mit einer Schultafel. Wir sind da zu fünft eine ganze Nacht lang mit einer Kiste Bier drinnen gesessen und haben lauter blöde Namen aufgeschrieben. Gnackwatschn hat gewonnen, das beschreibt unseren Stil und der Name fällt auf.
Welche musikalischen Vorbilder habt ihr so?
Bei uns stehen Reel Big Fish ganz im Vordergrund. Viele sagen auch, dass wir so klingen. Im österreichischen Bereich sicher die Ausseer Hardbradler und Hubert von Goisern und allgemein Austropop. Die haben es eigentlich salonfähig gemacht, Dialektmusik zu spielen. Darüber können wir sehr froh sein, denn vor einem Ambros oder einem Fendrich war Dialektmusik eigentlich nicht möglich in Österreich.
Euren ersten Erfolg hattet ihr beim Local Heroes Bandcontest.
Das war praktisch der Startschuss, dort haben wir auch unsere Album-Aufnahme gewonnen. Ein Wahnsinn für uns war der Auftritt beim FM4 Frequency auf der Hauptbühne und tags darauf am Red Bull Ring vor Opus und Andreas Gabalier. Da haben wir an einem Wochenende vor insgesamt 8- bis 9.000 Leuten gespielt. Das war eine super Erfahrung für uns. Wir wollen auf der Bühne stehen und Spaß haben und die Leute unterhalten.
Ihr habt bereits als Vorband für Gabalier, Alkbottle und Fiddler‘s Green gespielt. Das sind sehr unterschiedliche Künstler. Was sagt das Publikum zu euch?
Das ist total witzig. Wir haben letztens auf einem Reggaefestival gespielt. Da reagieren die Leute komplett anders. Da sind die Leute komplett ruhig, wippen mit und hören zu. Bei Fiddler‘s Green und Alkbottle ist die Hölle abgegangen. Bei Andreas Gabalier waren die Leute ein wenig vor den Kopf gestoßen, aber es hat trotzdem geklappt. Wir haben trotzdem Applaus geerntet. Uns gefällt es, so viele verschiedene Stile zu vereinen. Wir spielen gerne auch einmal vor jemandem wie dem Gabalier, aber noch viel lieber auf einem Rockfestival wie dem Frequency.
Im Frühling habt ihr euer erstes Album veröffentlicht.
Die Studioarbeit war ein wenig „überhudelt“, kann man sagen. Wir hatten zehn Lieder und haben versucht, das in 14 Tagen reinzuklopfen, ohne Vorproduktion. Wir haben dann noch länger gebraucht als normal, weil wir noch vieles verändert haben. Das zweite Album, das wir jetzt aufgenommen haben, für den „Puntigamer Sommerhit“, das wird viel genauer, viel intensiver arrangiert und produziert werden. Dafür investieren wir noch viel mehr Zeit.
Für den „Puntigamer Sommerhit“ habt ihr eure Fans mitschreiben lassen, richtig?
Eigentlich war es die Facebook-Community von Puntigamer. Das sind ungefähr 80.000 Leute. Wir haben jede Woche ungefähr 80 Einsendungen erhalten. Ziemlich cool. Da waren auch einige gute Sachen dabei. Erst einmal haben wir inhaltlich aussortiert und dann musikalisch.
Wer schreibt bei euch normalerweise Text und Musik?
Die Texte des ersten Albums stammen großteils von unserem Sänger, aber auch vom Bassisten. Auf dem neuen Album sind fast alle Texte gemeinsam geschrieben worden. Es textet jeder für sich und anschließend kommt von jedem Input dazu. Jeder bringt seine Ideen ein, das macht uns viel Spaß.
Wie seid ihr zu eurem Management – Rottensteiner-PR – gekommen?
Wir sind bei Tyrolis, eigentlich ein Volksmusik-Label, aber die wollen jetzt auch ein wenig mehr Neue Volksmusik dabei haben, weil die immer beliebter wird. Der Begriff ist sehr weit, dazu zählen zum Beispiel La Brass Banda genauso wie HMBC, obwohl das komplett unterschiedliche Sachen sind. Einen Hubert von Goisern kann man grundsätzlich auch zur Neuen Volksmusik zählen. Jedenfalls hat das Label gesagt, sie machen für uns die Promotion. Dann ist alles ein wenig blöd gelaufen, der Promoter von denen ist entlassen worden und nach einigen Monaten meinte Tyrolis schließlich: „Wenn ihr einen guten Promoter wisst, dann engagieren wir ihn für euch.“ Ich habe praktisch die ganze Promotion-Landschaft Österreichs abgeklappert und hundert Absagen bekommen, weil sie einfach keine Zeit hatten. Irgendwann kam ich zu Jürgen, der macht nur Sachen, die er persönlich auch vertreten kann. Ihm hat‘s gefallen, er hat auch ehrliche Kritik gegeben und gewisse Sachen kritisiert, was völlig in Ordnung ist für uns. Und seitdem läuft es ziemlich gut.
Was ist das nächste große Ziel?
Sicher mal das zweite Album, daran arbeiten wir schon einige Zeit. Wir möchten im Frühjahr 2014 aufnehmen und es dann gerne auf großen Festivals spielen. Da hapert es ab und zu an den Veranstaltern. Wir würden gerne mehr österreichische Bands auf den Hauptbühnen sehen. Es ist ja nicht so, dass diese keine Leute anziehen. Wir hatten als erste Band auf der Mainstage über tausend Leute, die nächste Band aus Schottland so gut wie keine. Man darf nicht glauben, dass Internationales auch beliebter ist.
Sind die Dialekt-Texte da von Vorteil, weil man sie bei uns auch versteht?
Das kann gut sein, es gibt aber viele österreichische Bands, die englisch singen und genauso gut sind. Ich denke da an Kontrust oder The Beth Edges und die ganzen richtig guten Gruppen, die nie so richtig zum Zug kommen auf den großen Festivals. Ich arbeite ja selbst als Journalist fürs Ticket Magazin und ich hatte da ein Interview wo jemand meinte: „Ihr macht die super Festivals in Österreich, aber wo sind die österreichischen Bands?“ Man sieht keine österreichischen Bands bei uns. Es sind super Line Ups, international, aber leider keine nationalen Leute dabei.
Zum Dialekt möchte ich sagen, dass es uns sicher zugutekommt, dass uns die Leute verstehen. Andererseits ist es auch schwieriger, weil einen die Leute verstehen (lachen). Wenn du Dialektmusik im Radio hörst, denkst du sofort über den Text nach. Wenn du ein englisches Lied hörst, hörst du dir erst einmal die Melodie und den Beat an. Also ich zum Beispiel höre mir Bands an, die höre ich wirklich gerne, aber auf den Text habe ich da noch nie so wirklich geachtet.
Interview: Petra Ortner
live:
20.07., Herzogsdorf (OÖ), Rock im Bruch
14.08.: Laa/Thaya, Open Air
WEBLINK: Gnackwatschn