momag 340 | APRIL 2016

fritz haselsteiner | Waidhofen/Ybbs Kulturkritiker, fritz@momag.at S chlechte Ergebnisse bei den PISA-Tests (zum Beispiel haben 20 Prozent der 15/16-Jährigen Schwie- rigkeiten beim sinnerfassenden Le- sen), verschiedene Pannen bei der Zentralmatura, kaum Fortschritte bei der gemeinsamen Schule für die 10- bis 14-Jährigen – die Schule kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. Ab dem Schuljahr 2016/17 steht nun eine grundsätzliche Neuerung bevor: Bei der Ausbildung der Lehrer für die Sekundarstufe (Hauptschule, Allgemein- und Berufsbildende Hö- here Schulen) gibt es keine Trennung nach Universität und Pädagogischer Hochschule mehr, sie wird zusam- mengelegt; jeder angehende Lehrer inskribiert an beiden Einrichtungen gleichzeitig und sucht sich die ent- sprechenden Lehrveranstaltungen aus. Nach einem Aufnahmeverfah- ren und vier Jahren Studium (an den Pädagogischen Hochschulen waren es bisher drei Jahre) wird er Bache- lor und kann zu unterrichten begin- nen. Parallel dazu erwirbt er mit zwei weiteren Jahren Studium die für eine Fixanstellung erforderliche Graduie- rung zum Master. Im Vorfeld lässt nun ein Umstand aufhorchen: Die Zeit für Lehrauftritte, in der praktische Erfahrungen im Klassenzimmer gesammelt werden können, soll auf ein Drittel reduziert werden! Das stimmt bedenklich, denn meiner Einschätzung nach ist es nicht so wichtig, ob die Lehrer dem Bund oder den Ländern unterstellt sind und von wem sie bezahlt werden. Erfolg oder Misserfolg der Schule hängen doch in erster Linie von der Persön- lichkeit des Lehrers ab. Und je früher und je mehr er mit der Praxis/Realität vertraut gemacht wird, desto besser. Es soll nicht so – wie bei mir vor 50 Jahren – sein, dass ein Lehrer erst nach seiner ersten Unterrichtsstun- de weiß, ob er überhaupt für diesen Beruf geeignet ist! Eine weitere wichtige Maßnahme wäre eine Ausweitung der Schulau- tonomie im Bereich Lehreranstellung. Jeder Direktor sollte sich seine Leh- rer selbst aussuchen können, ohne irgendwelche (politische) Einfluss- nahme „von oben“. £ kulturnotizen Dauerthema Schule  historicum waren und im gleichen Jahr – 1616 – gestorben sind. Beide also vor 400 Jahren. Cervantes verstarb zehn Tage vor Shakespeare Zehn Tage vor Shakespeare starb der 69-jährige Miguel de Cervantes am 23. April in Madrid. Der Spanier und der Engländer, Angehörige zwei- er damals aufs Allerinnigste verfeindeter Nationen, thro- nen 400 Jahre später friedlich beieinander auf dem Auto- ren-Olymp, als Gründerväter der europäischen Literatur. Ihre Dichtungen sind durch- drungen und umflossen vom Äther der Poesie. (Heinrich Heine). Beide Dichter sind nicht bloß die Blüte ihrer Zeit, sondern sie waren auch die Wurzel der Zukunft. Wie Shakespeare durch den Ein- fluss seiner Werke als Stifter der dramatischen Kunst zu Umflossen Äther europäischen Entwicklung. Eine politische Großmacht, in der sich die Gegensätze der mittelalterlichen Epoche und der Neuzeit der Renaissance, des Humanismus, mit beson- derer Intensität auswirkten. Spanien hatte sich einen großen Teil der Welt unter- worfen und ein Kolonialreich bis nach Jamaika, Mexiko und Peru hin geschaffen. Die Zeit der großen Weltreisenden war gekommen. Dann kam das konfessionelle Zeitalter. Die Wirkungen Luthers und der Reformation breitete sich aus. Die Glaubenseinheit des Mittelalters wurde gespalten. Luther propagierte die Frei- heit des Christenmenschen. Die Zeit der Wende brachte alles in Unruhe, löste aber auch viele gewaltige Ener- gien aus, auch in dichterischer Hinsicht, deshalb sei daran erinnert, dass Cervantes und Shakespeare Zeitgenossen D ie Werke von Shakespeare und Cervantes gehören zum allerobersten Rang der Weltliteratur. Sie sind nicht nur überaus poetisch, son- dern auch Zeugnisse einer bewegten Geschichtsepo- che. Sie entstanden meist im Zusammenhang mit starken Auseinandersetzungen und Wandlungen innerhalb des sozialpolitischen Gesche- hens. Sie sind Biographien ihrer Zeitalter. Das Spanien des Miguel de Cervantes befand sich in ei- ner turbulenten Zeit weltge- schichtlichen Ausmaßes. Das Reich von Karl V. und Philipp II. war ein Brennpunkt der von robert voglhuber  Die Skulptur von Miguel de Cervantes in Madrid »Das Närrische wird zur Weisheit, zum Zeichen der wahren Humanität.« momag 340 | april 2016 68 | mostvier tel magazin carlos delgado

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