momag 355 | OKTOBER 2017
gesellschaft Wir sind Steht Europa am Scheideweg? Ich glaube schon. In den nächsten zehn bis 15 Jah- ren wird sich entscheiden, wie es mit uns allen in Eur- opa weitergehen wird. Die zentrale Frage ist: Schaffen wir es, Europa zu vertiefen? Schaffen wir es, die Friedens-, Wirtschafts- und Sozialge- meinschaft zu stärken oder schaffen wir es nicht? Wird uns nicht bald klar, dass wir alle Europa sind, dann wird Europa in viele kleine Einzel- staaten zerbröseln und der Nationalismus damit noch mehr gestärkt. Wollen wir das ernsthaft? Was bedeutet für Sie Patriotismus? Im einengenden und aus- schließenden Sinne finde ich Patriotismus ganz fürchter- lich. Dieses „Wir sind wir und alle anderen sollen draußen bleiben“ ist schrecklich. Dazu kommt, dass alle, die nicht so denken, ebenfalls zu Fein- den erklärt werden. Patrio- tismus im offenen Sinne ist hingegen absolut Meines. Ich finde das Weinviertel super und freue mich, dass ich dort leben darf. Überhaupt habe ich ein Riesenglück, in Öster- reich und in Europa leben zu dürfen – das ist keine Selbst- verständlichkeit und schon gar kein Verdienst. Mir geht es gut und ich habe das Ge- fühl, genau deshalb für das Wohlergehen in meinem en- geren Umfeld sowie darüber hinaus auch etwas machen zu müssen. Wir dürfen uns von doris schleifer-höderl fotowerk aichner interview: doris schleifer-höderl Die Autorin stellt in ihrem politischen Episodenroman viele Gesellschaf tsfragen und trif f t damit den Nerv der Zeit. Dabei geht es um Nationalismus, Terror, Hass, Angst und Hetze. Wir verlosen 3 Bücher: Patrioten Mitspielen unter www.momag.at/gewinnen Oder schreib unter Betref f: Patriotismus per Fax: 0650 5510222 oder per Post: momag, PF 9, 3340 Waidhofen/Ybbs Bitte Anschrif t und Telefonnummer angeben! S eit dem Frühling beherberge ich ein Krötenpärchen bei mir im Keller. Die Erdkröten haben es sich in einer kleinen Lücke im Estrich ge- mütlich gemacht. Nächtens gehen sie auf Nahrungssuche, bei Tag kuscheln sie zufrieden und gucken mit großen Augen aus dem Loch. Man könnte sie fast beneiden hin und wieder. Mit Politik müssen sie sich nicht beschäftigen oder grämen. Unser- eins hat da schon viele Fragen und Gedanken im Kopf. Wie wird die Wahl am 15. Oktober ausgeh’n? Und was wird sie verändern? Müssen wir bis 70 berufstätig bleiben? Um dann in bit- terer Sparsamkeit und mit krummem Rücken dem Lebensende entgegen- zugehen? Müssen wir den Kuchen, mühevoll gebacken mit selbstgekauf- ten Zutaten, mit anderen teilen, die nur die Hand aufhalten? Darf man in Zukunft kein dieselbetriebenes Auto mehr fahren? Darf man über- haupt noch was? Vor den Wahlen zeigen sich un- sere Politiker stets offen, volksnah, einfühlsam, kuschelweich und haut- freundlich. Jeder zeigt sich mit Haus- tier und Kind, knetet Pizzateig oder geht wandern. Menschlich eben. So, als würden sie unsere Anliegen und Sorgen bestens verstehen und unser Allerbestes nur wollen. Sollte man in ein Sorgenloch gefallen sein, heißt es bei den Sprechstunden: „Ich helfe dir“. Nur Dummis lassen sich hiervon noch beeindrucken. Man weiß inzwischen, dass es größtenteils um die eigene Machterhaltung geht und wenig um die Menschen im Land. Man denke auch an die abgeschaffte befristete Frühpension. Hin und her geschoben werden kranke Leute, die zu 90 Pro- zent nicht mehr arbeitsfähig werden, auch nicht mit Prügel und anderen Maßnahmen. Reha und sonstiges ko- stet noch mehr Geld. Dann noch meine persönliche Fra- ge: Warum sind bei uns in Österreich Lebensmittel, Kosmetika und viele andere identische Dinge um 30 bis 50 Prozent teurer als in Deutschland? Obwohl wir weniger verdienen?? Da ist sicher genug Luft nach oben. Man könnte hunderte Dinge aufzählen, die für unser Land wichtig und gut wären. Ich werde das mit meinen Erdkröten besprechen, weil die oft das größere Verständnis haben. £ waltraud hirner | Kematen/Ybbs waltraud@momag.at panoptikum Wahlkampf mit Kröten momag 355 | oktober 2017 32 | mostvier tel magazin
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