momag 361 | MAI 2018
Jesus’ tägliche Stiftskämmerer Pater Joseph Schaukegl. Beide Räume so- wie der Marmorsaal sind heu- er erstmals seit längerer Zeit im Rahmen von Führungen wieder zugänglich. Die Schwerpunktfüh- rungen beziehen sich vor allem auf Schmidts Werke und bieten da- rüber hinaus auch so manch Einblick in das klösterliche Le- ben des 18. Jahr- hunderts. Neben Franz Anton Maulbertsch ist der Kremser Schmid wohl der einzige aus Niederösterreich stammen- de Barockmaler internationa- len Formats. Insgesamt sind von ihm rund 2.000 Ölbilder D er aus Krems stammen- de Künstler war zutiefst mit Seitenstetten und dem Mostviertel verbunden. Ein einfacher, sparsamer, bür- gerlicher und „immer tätiger“ Mann. In Wien konnte er zu Lebzeiten kaum Fuß fassen, ob- wohl ihm die Mitgliedschaft der Akademie der bildenden Künste verliehen wurde. In Seiten- stetten gestaltete er als Hauptwerk das Sommerrefektorium und den Maturasaal aus. Aus dieser Zeit stammen auch noch Originalschriftstücke aus der Konversation zwi- schen Kremser Schmidt und kunst von robert voglhuber Pater Martin und Abt Petrus Pilsinger machen den Menschen das Stift Seitenstetten zugänglich. Dafür bietet sich der 300. Geburtstag vom „Kremser Schmidt“ perfekt an. sonja raab artis franz jansky-winkel | Loosdorf artis@momag.at E r tut es und er tut es ausgezeich- net, der Musikus, der Violineur, der Geigist. Wenn er spielt, spielt er nicht nur ausgezeichnet, er taucht auch ab und taucht ein in die tiefs- ten Tiefen der Komposition. Er lässt sich davon völlig fortreißen und er schickt alle Töne einzeln durch seinen Körper. Dabei leidet er, seufzt, froh- lockt, tänzelt, seiltanzt, lispelt, braust los, brüllt, flötet, zaudert, schnalzt, bebt, hebt ab, fliegt, segelt und stürzt schlussendlich beinah zu Boden, um doch noch heil aufzusetzen. Bei all dem lässt er uns mitschauen, mitlesen und geradezu miterleben. Seine Mimik verrät seinen jeweiligen Standort. Sein GPS – sein Gesichts- Passions-Schauspiel – amplifiziert das Gespielte und er bewegt sich wehrlos durch die Schicksalsnotationen und kommt zur passenden Zeit schließlich zu einem bebenden, erlösenden Ende. Er tut es konzentriert und meisterhaft und bietet Musik als Gebärdenspra- che dar. Ganzkörperdurchgestreckt auf Zehenspitzen, vornübergebeugt und schmerzverzerrt, selig lächelnd im Gleitflug, kraftvoll endend. Ein Rufzeichen, deutlich gesetzt. Es ist ein Vergnügen, ihn durch sei- nen Emotionslauf zu bezeugen. Wir sind nicht nur eingeladen, sondern geradezu aufgerufen, dies zu tun. Er nimmt uns alle mit und wirft uns mit hinein in das wogende Meer der Ton- folgen und Rhythmen. Entrinnen gibt es freilich keines, solange die Musik anhält. Ein gütliches Ende allerdings bleibt garantiert, jedoch nur bis zum nächsten Stück, denn da wiederholt sich die Unentrinnbarkeit. Welch ein Gebeuteltsein, was für ein Erleben! So kann Musik und so soll und muss Musik. So soll Darbietung. Packend, mitreißend, posengetreu und per- fekt ziseliert, kraftvoll, lebendig und kommunikabel. Wie der dramatisch angesagte Vierziger beim Schnapsen. Der Augenblick wird seinem besten Ruf gerecht und es gibt nichts Wich- tigeres, als sich diesem Geschehen ganz zu öffnen. Was täten wir Menschen bloß, wenn wir keine Kultur nicht haben täten? Vom Tier würde uns nur die Krawat- te trennen. £ kulturnotizen M. spielt 56 | mostviertel magazin
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