momag 366 | NOVEMBER 2018

Leben & Lernen mit Begeisterung Zukunftsbildung. Warum gelingt trotz jahrzehntelanger Bildungsdebatten eine echte nachhaltige Bildung zum Aufrechterhalt des Kindeswohls und einer gesunden Gesellschaft in der heutigen Zeit noch immer nicht? te in die Schule gehen, um Schreiben, Lesen und Rech- nen nebst Gehorsam und Un- terordnung zu lernen. Im Film „Alphabet“ heißt es, 98 Prozent der Vorschul- kinder seien hochbegabt, zehn Jahre später sind es nur noch zwei Prozent – zeigen Testreihen von US-Psycho- logen. Bei den Tests ging es darum, viele verschiedene Lösungsmöglichkeiten für ein einfaches Problem zu finden – zum Beispiel: Wozu kann man eine Büroklammer verwenden? Bei dieser Auf- gabe schnitten die Kleinen ungleich besser ab als Schul- D er ursprüngliche Zweck von öffentlichen Bildungs- institutionen ist bis heute die Weiterverbreitung des regionalen Glaubens. Des- halb erfuhr auch die freie Schule von Alexander S. Neill am Sonntagberg vor fast 100 Jahren ihren Abbruch, weil dort keine Religion unterrich- tet wurde. Privater Hausun- terricht war ein Privileg für Adelige und einige wenige begabte Bürgersöhne wie zum Beispiel Mozart oder Goethe. Das „Fußvolk“ muss-  thema  von andrea stiftner fotos: andrea stiftner kinder, denen beigebracht wurde, dass es zu jedem Problem nur eine „richtige“ Lösung gibt. Was lernen Kinder in der Schule wirklich? Ist es nicht bedenklich, dass trotz massiven personellen und finanziellen Aufwands mindestens 25 Prozent der Pflichtschulabsolventen nicht einmal Sinn erfassend lesen können? Oder dass 95 Pro- zent des im Gymnasium Ge- lernten schon nach wenigen Monaten wieder vergessen ist? Die Gehirnforschung hat längst bewiesen, dass effek-  Von früh bis spät gibt‘s im „Zebenholzer Forscherparadies – Verein für naturnahes forschendes Lernen“ viel zu entdecken. panoptikum Grenzen D a meine Frau Holländerin ist und Verwandte und Freunde in den Niederlanden leben, verbringen wir immer wieder längere Zeitabschnitte in ihrer Heimat. Es gibt dort viel zu beobachten, allein wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein Land, des- sen Gesamtfläche etwa der Hälfte Ös- terreichs entspricht, beinahe dreimal so viel Einwohner hat als die Alpen- republik. Begrenzungen sind daher notwendige Reglementierungen. Wohnraum ist, obwohl dem Meer viel Land abgerungen wurde, knapp und geregelt. Dem offenen Meer müssen stets Grenzen gesetzt werden, damit es nicht das Land, das sich oft unter Meeresniveau befindet, unter Wasser setzt. Was das Ansteigen des Meeres- spiegels durch den Klimawandel be- trifft, so ist Holland verlorenes Land. Die Politik hält den Ball sehr flach. Grenzen werden auch dem Verkehr gesetzt. Tägliche Staus sind Gegeben- heiten und zu bestimmten Zeiten ist es unmöglich, auf den – oft beleuch- teten – Autobahnen voranzukommen. Zivilisationsgrenzen treten deutlich zutage: Mehr Blech geht einfach nicht mehr auf den Asphaltbändern, die sich durch die Landschaft winden. Glashäuser ziehen sich kilometerlang übers Land. Sie produzieren für viele hungrige Mägen. Schafe und Kühe weiden das Gras ab und produzieren neben ihren Produkten täglich tau- sende Ausscheidungstonnen. Das 5G-Netz schreitet voran. Handy- User sind auch hungrig und wollen Echtzeit. Der neue Standard soll der Mobilkommunikation weitere Möglich- keiten eröffnen – es braucht jedoch mehr Sendemasten, die mit höherer Frequenz strahlen. Gefahren für die Gesundheit werden heruntergespielt. Man will ja wiedergewählt werden. Holland zeigt in vielen Bereichen die Grenzen der zivilisierten Welt auf. Wachstum hat Enden und lässt sich nicht immer weiter vorantreiben. In den Geschäften ist rund um die Uhr alles zu haben: Lebensmittel, Kleidung, Technik. Österreich ist da noch zurückgeblieben. Ich bezweifle jedoch, dass unsere Regierung – trotz der rückwärtsgewandten Politik – nicht genau in das offene Messer des „Fortschritts“ rennt. £ artis franz jansky-winkel | Loosdorf artis@momag.at momag 366 | november 2018 20 | mostviertel magazin

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