momag 366 | NOVEMBER 2018
Die Kombination aus bei- dem ist für mich ideal. Am Thalia Theater den Dorf- richter Adam zu spielen und gleichzeitig den Schnitzler in den „Vorstadtweibern“ zu verkörpern ist eine per- fekte Mischung. Ich mag die- se Abwechslung von Bühne und Film und Schnitzler ist dem Dorfrichter Adam viel- leicht sehr ähnlich (lacht). Ich möchte zwischen Hochkul- tur und Entertainment eine Brücke schlagen. Man kann „Vorstadtweiber“ und Kleist wunderbar gleichzeitig spie- len! Ich finde es schön, dass ich die Chance habe, in bei- den Welten präsent zu sein. Sie touren zudem weltweit mehrsprachig mit Soloprojekten wie „Werther!“ oder dem Rockkonzert „Jedermann reloaded“ mit Ihrer Band „Elektrohand Gottes“ – also alte Dichtung in zeitgenössischer Form. Meine erste Begegnung mit Jedermann in Salzburg auf dem Domplatz als junger Zu- schauer war enttäuschend. Der Ereignischarakter blieb mir fremd. Ich bin mit mei- nen Fragen, mit dem „Rätsel Jedermann“, allein geblie- ben. Diese Irritation führte zu dem Wunsch, aus dem schwerfälligen Theaterspek- takel einen leichtfüßigen Monolog zu machen. Denn wie Jedermann über Geld und Werther über seine Lie- be spricht, ist unglaublich modern. Und die reichhal- Ist es das Verkörpern verschiedener Charaktere oder das Eintauchen in andere Welten, das Sie so fasziniert? Ich sehe es als Befreiungs- schlag. Man darf das Leben aus einer anderen Perspek- tive sehen und hat für Mo- mente die Freiheit, anders zu denken. Und dieses andere Denken kann man dann auch weitergeben. Im Grunde ein Perspektivenwechsel, ein Ab- werfen der eigenen Denkmu- ster. Nach einer meiner Vor- stellungen von Goethes Faust in Salzburg, wo ich Mephisto spielte, sprach mich eine Zu- schauerin an und meinte, es wäre interessant, wenn jeder Mensch einmal in diese Rol- le schlüpfen könnte. Mir hat der Gedanke gefallen – ein Rollenspiel für alle, ein Erwei- tern der Möglichkeiten. Me- phisto küsst Faust wach, Me- phisto ist wild, tanzt, springt ins Leben. Schauspiel ist ein sehr körperliches Medium, das Türen öffnet, die vielen vielleicht ein Leben lang verborgen bleiben. Dieses Aus-sich-heraustreten würde vielleicht auch Nicht-Schau- spielern guttun. Was reizt Sie mehr: Theater oder Film? Kein Jedermann menschenbild fotos: rafaela proell Gab es für Sie jemals eine Alternative zum Schauspielberuf? Anfangs schon. Sehr früh habe ich mich für Malerei interessiert. Als ich aber bei der mündlichen Deutsch-Ma- tura im Anzug und mit einer Zahnbürste in der Hand das dadaistische Gedicht von Kurt Schwitters „An Anna Blume“ vortrug, war das der entscheidende Moment für mich. Irgendwie im ganz Klei- nen vielleicht vergleichbar mit dem Einspringen heuer am Salzburger Domplatz als Jedermann. Es schien abso- lut unmöglich, bei so einem ernsten Anlass eine solche Zahnbürsten-Aktion durch- zuführen. Aber ich habe es einfach gemacht und ich glaube, es hat damals die verspannte Atmosphäre sehr gelockert. Irgendwie ist der Matura-Tag so ein sehr unan- genehmer Tag, wo man un- bedingt funktionieren muss und alle haben nur Angst. Es hat mich schon damals ge- reizt, solche verkrampften Situationen spielerisch zu lösen. Die Liebeserklärung an meine Zahnbürste brach- te mir eine Eins. Was hätte ich nach diesem spontanen Auftritt anderes werden sol- len, als Schauspieler? (lacht) »Schauspielerei ist im Grunde ein Perspektivenwechsel, ein Abwerfen der eigenen Denkmuster.« kulturnotiz Eh wurscht?! gerhard stubauer | St.Valentin Geschäftsführer Theatersommer Haag haager@theatersommer.at S onnen, Sterne und Planeten... Eine der größten Fragen der Mensch- heit beschäftigt sich damit, warum es so etwas eigentlich gibt, von wo alles herkommt und wohin wir und alles andere gehen. Gerade der November, speziell die ersten zwei November- Tage, regen da wieder zum Nachden- ken an. Und dabei geht es überhaupt nicht darum, ob man im Sinne einer Religion gläubig ist oder nicht. Die Frage nach der Herkunft der unbe- schreiblich vielen Galaxien (es gibt Milliarden Galaxien, die wiederum Heimat von Milliarden Sonnen, Pla- neten und Monden sind – eigentlich unfassbar) und schließlich die Frage nach dem Leben und dem Tod, wer- den sich – nach heutigem Stand der Wissenschaft – wohl nie endgültig beantworten lassen. Natürlich gibt es die Theorie mit dem Urknall. Was allerdings war zuvor? Und woher kommt diese 0,000000irgendwas klei- ne (oder große) Masse, die nach der Urknall-Theorie Ausgangspunkt des Universums und des Lebens ist? Und natürlich gibt es dutzende Theorien, wie sich das Weltall entwickeln wird: vom Auseinanderreißen aller Kräfte bis hin zum Zusammenziehen und einem erneuten Urknall scheint da alles möglich zu sein. Mich führen diese Gedanken dann zur Frage, wozu das Leben überhaupt Sinn macht. Was macht Sinn? Oder ist eh alles wurscht? Wie sollte man le- ben? Gut, schlecht – oder gibt es die- se Kategorien in Wahrheit gar nicht, weil das ohnehin für jeden etwas anderes bedeutet? Haben wir eine Verantwortung im Leben, oder – Sie wissen schon – ist eh alles wurscht, weil es ohnehin früher oder später alles nicht mehr gibt? Immerhin wird in etwa 4,5 Milliarden Jahren unsere Erde von der Sonne „verschluckt“. Aber vielleicht ist die Frage nach dem Woher und Wohin doch gar nicht so wichtig. Hat man seinen Sinn im Leben gefunden, dann sollte man mit aller Freude und Energie daran arbeiten, seinen Lebenssinn zu erfül- len. Versuchen, die/der Beste zu wer- den, der man sein kann. Und das mit entsprechender Verantwortung, dass die Menschen nach uns auch noch die gleichen Chancen haben. £ momag 366 | november 2018 56 | mostviertel magazin
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjM5MzY=