Neue Arbeitsplätze durch geteilte Arbeit: Neun Unternehmen starten mit AGZ-Modell.

Womöglich ist der Arbeitgeberzusammenschluss ein Instrument, um der steigenden Arbeitslosigkeit den Kampf anzusagen. Foto: Josef Vorlaufer
NÖ | Ein neues Beschäftigungsmodell aus Frankreich, bei dem sich Unternehmen Mitarbeiter teilen, wird zur Zeit nach Österreich importiert. Neun Betriebe aus dem Bezirk St. Pölten und Melk führen das Modell nun ein. Ziel ist es, neue (Vollzeit-)Arbeitsplätze zu schaffen, indem Betriebe ihre Teilbedarfe miteinander kombinieren.
Das französisches Arbeitsmodell “AGZ” startet jetzt auch in Österreich. Neun Unternehmen beteiligen sich an dem Pilotprojekt. Ein Arbeitgeberzusammenschluss ist eine Kooperation von Unternehmen zum Zweck des gemeinsamen Managements von Arbeits- bzw. Fachkräften in einer zunehmend flexibilisierten Arbeitswelt. Das Prinzip: Mehrere Betriebe “teilen sich” Beschäftigte für spezialisierte oder saisonale Tätigkeiten, die innerhalb nur eines Unternehmens nicht ausgelastet werden können. Dadurch entstehen sozialversicherungsrechtlich abgesicherte (Vollzeit-)Arbeitsplätze. Davon profitiert der Arbeitsmarkt sowie der Wirtschaftsstandort Österreich.
Bei einem Arbeitgeberzusammenschluss wird Personal gemeinsam eingestellt und verwaltet. Auf diesem Weg können Unternehmen ihren steigenden Bedarf an Arbeitskräften – vor allem zu Spitzenzeiten oder in der Saison – optimal abdecken. AGZ können als Selbsthilfeinstrument verstanden werden, das auch kleinen Unternehmen (KMU oder EPU) die Bindung von Fachkräften und ein professionelles Personalmanagement ermöglicht. Die Rechtsform für einen AGZ ist frei wählbar: Verein, Genossenschaft oder GesmbH.
Prekäre Arbeitsverhältnisse werden zu Ganzjahresbeschäftigungen
Für Arbeitnehmer, die bislang nur geringfügig beschäftigt waren oder in eine ungewollte Scheinselbstständigkeit gedrängt wurden, werden nun Teil- oder Vollzeitstellen mit beruflicher Perspektive geschaffen. Das Resultat: Fach- und Arbeitskräfte können langfristig an Unternehmen gebunden werden. „Mit dem AGZ-Modell werden die Wünsche der Beschäftigten nach einem sicheren Arbeitsplatz berücksichtigt. Prekäre Arbeitsverhältnisse werden in Ganzjahresbeschäftigungen umgewandelt, was zu durchgängigen Erwerbszeiten führt. Für die Arbeitgeber liegt der Vorteil u.a. im flexiblen Einsatz der AGZ-Mitarbeiter sowie der Kostenteilung für das im AGZ beschäftigte Personal. Die Stammbelegschaft der Mitgliedsbetriebe wird entlastet und zusätzliche Kompetenz wird ins Unternehmen geholt“, sagt Alexander Szöllösy, Projektleiter progressNETZ.
In Frankreich wird das Modell sehr erfolgreich angewandt: derzeit gibt es 5.000 AGZ mit ca. 40.000 Beschäftigten. Vor allem strukturschwache Regionen profitieren in hohem Maße vom Arbeitgeberzusammenschluss, indem attraktive Arbeitsplätze vor Ort, direkt in den Gemeinden, entstehen. St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler: „In Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit und angespannter Arbeitsmärkte gilt es, sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie wir neue Arbeitsplätze unter fairen Bedingungen schaffen können. Aus diesem Grund war für uns von Anfang an klar, dass wir das Projekt unterstützen werden. Neue Arbeitsplätze in der Region zu schaffen sowie die Kooperation der Unternehmen zu forcieren, um damit den Wirtschaftsstandort zu stärken und die regionale Fachkräftesicherung im Sinne einer arbeitnehmer- sowie arbeitgeberfreundlichen Standortqualität zu gewährleisten, sind Aufgaben, denen wir uns politisch als verantwortungsbewusste Landeshauptstadt verschrieben haben. Daher tragen wir das Projekt auch partnerschaftlich mit.“
Startschuss ist geglückt
Dass in der NÖ-Landeshauptstadt ein Pilotprojekt gestartet werden konnte, ist der Unterstützung durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie dem Arbeitsmarktservice NÖ zu verdanken. Im Zuge eines Pilotprojekts wird seit Dezember 2012 durch den Regionalentwickler progressNETZ erforscht, ob das AGZ-Modell auch in Österreich erfolgreich reüssieren kann. Mit dem AGZeins, einem Zusammenschluss aus neun innovativen Unternehmen im Zentralraum NÖ, gibt es bereits einen AGZ, der in Hinkunft auf kooperatives Personalmanagement setzt. Der Startschuss ist geglückt. „Passgenaue Vermittlung von Jobsuchenden auf freie Stellen ist das Schlüsselkriterium für einen nachhaltigen Wiedereinstieg ins Berufsleben und zufriedene Unternehmen, die ihre Stellenangebote dem AMS gerne bekannt geben. Das AGZ-Modell ist ein intelligenter Weg, um Arbeitskräfteangebot und -nachfrage zu einander zu führen und optimal aufeinander abzustimmen. “, so Karl Fakler, Landesgeschäftsführer AMS NÖ. Auch in Deutschland hat man das Potenzial von Arbeitgeberzusammenschlüssen für die Fach- und Arbeitskräftesicherung erkannt. Erste AGZ haben bereits ihre Arbeit aufgenommen und Beschäftigte eingestellt. Womöglich ist der Arbeitgeberzusammenschluss eines jener Instrumente, um der steigenden Arbeitslosigkeit den Kampf anzusagen.