15.05.2014 0 Kommentare

Sich selbst vertrauen: Tom Neuwirth spricht darüber, wie er wurde was er heute ist.

CONCHITA - P1070462Conchita Wurst | Die mit Sicherheit außergewöhnlichste Frau Österreichs trat mit dem großartigen Song „Rise Like A Phoenix“ beim Songcontest an und gewann. Wie sie zum Singen kam, erfuhr das momag bei einem netten Gespräch mit Tom Neuwirth alias Conchita Wurst noch vor dem Songcontest in Wien.

Wann hast du deine super Singstimme entdeckt?

Also selber denkt man ja nicht so viel darüber nach, wenn man als kleines Kind so vor sich hin trällert. Ich war nie wirklich im Stimmbruch, denke ich, weiß ich nicht. Aber irgendwie so im Alter von 14, 15 Jahren hat sich diese Liebe zum Singen wahnsinnig entwickelt und dann ging es Schlag auf Schlag. Dann hab‘ ich mir auch gleich gedacht: „Jetzt gehe ich zur ersten Casting-Show.“

Du hast keine Gesangs-Ausbildung?

Nein, nicht im klassischen Sinne. Ich habe aber mit Vocal-Coaches zusammengearbeitet, auch im Zuge von „Starmania“ und „Die große Chance“. Ich finde, dass ein Vocal-Coach zu einem passen muss, wie ein Lied zu einem passen muss. Weil jeder sein eigenes System hat und jeder so seine eigene Interpretation von Dingen. Ein blödes Beispiel, aber sehr anschaulich: Wenn jemand sagt „Sing das ein wenig blauer“, dann versteht das jeder anders. Ich glaube, da muss man sich ein bisschen finden, damit man sich so wirklich gut versteht. Grund-Gesangsübungen habe ich natürlich gelernt und die wende ich auch täglich an. Da brabbelt man so vor sich hin, rund eine halbe Stunde täglich reicht, um sich fit zu halten.

Wann hat Tom Neuwirth Conchita Wurst entdeckt?

Ich sage immer gerne, ich hatte eine Parallelwelt-Pubertät. Irgendwie war Conchita schon immer da, aber ich hatte ja ganz lange keinen Namen. Ich habe so zwischen 16 und 18 angefangen, ein wenig „Drag“ zu machen und aus Spaß in Frauenklamotten zu irgendwelchen Partys zu gehen. Die Liebe zu Frauenklamotten hatte ich immer schon. Da habe ich auch alles ausprobiert, kurze Haare, lange Haare, braun, blond, dunkel, mit Bart, ohne Bart. Das war alles so eine Entwicklung. Und vor gut zwei Jahren war es für mich dann finalisiert.

Frauen haben ja immer Angst vor Damenbart, du nicht.

Nein! (lacht) Überhaupt nicht.

Wie kommst du mit den Anfeindungen zurecht? Im Internet wirst du auch ganz schlimm beschimpft.

Konstruktive Kritik finde ich gut, die höre ich mir auch gerne an. Aber untergriffige Bemerkungen, die bei der Anonymität im Internet wahnsinnig einfach zu machen sind, nehme ich nicht ernst. Ich frage mich auch immer, wie man so viel Energie an etwas verschwenden kann, was man ja offensichtlich nicht mag. Unterm Strich bleibt mir eigentlich nur zu sagen: „Danke für die Aufmerksamkeit.“ Denn ich bewege ja offensichtlich etwas in den Menschen und das finde ich besser, als ich wäre ihnen egal.

Beim Songcontest-Vorentscheid 2012 hast du ganz knapp gegen die Trackschittaz verloren, dafür bist du dieses Jahr dabei. Bist du schon sehr aufgeregt?

Ja, aber Nervosität hat sich noch gar nicht eingestellt. Ich schiebe das immer lange vor mich hin, bis es dann ernst wird und dann kracht das Ganze auf mich ein. Meistens kurz vor den Auftritten, dann stehe ich wie eine Salzsäule da und warte, bis ich nach draußen gewunken werde. Nach dem ersten Ton ist zum Glück die Nervosität dann wieder weg.

Was verbindest du mit dem Titel „Rise Like A Phoenix“?

Das Vertrauen, dass man die Kraft besitzt, schlimme Zeiten auszuhalten und dass man auch die Kraft hat, aus dem Negativen das Positive rauszunehmen und daran zu wachsen. Auf sich selbst vertrauen und zu guter Letzt wie ein Phönix aus der Asche zu steigen.

Welche Chancen rechnest du dir mit dem Song aus?

Ich wünsche mir zum einen, das Finale zu erreichen. Das wäre natürlich schön. Zum anderen bin ich wirklich meine größte Kritikerin und ich würde gerne von dieser Bühne gehen und sagen können: „Es war gut.“ Das ist schon wirklich ein riesen Ziel für mich. Ich möchte sagen können „Ich habe alles getan was ich konnte. Ich habe nichts falsch gemacht.“

Wie wird die Bühnenshow vorbereitet?

Wir haben uns bisher auf den Song konzentriert. Es gibt schon einige Ideen zur Show, aber konkret ist eigentlich noch nichts. Was ich zum Beispiel nicht sehe sind Tänzer. Das ist etwas, das ich ausschließe.

Du bist jetzt die ganze Zeit sehr viel in ganz Europa unterwegs. Wie hältst du dich fit?

Ich hab‘ schon manchmal auch einen kurzen Einbruch nach einem anstrengenden Tag. Es ist mir ein Rätsel, aber sobald die Perücke herunten ist, habe ich eine ganz andere Energie und nicht das Gefühl, den ganzen Tag gearbeitet zu haben. Denn ich bin dann schlagartig wieder die Privatperson und der Tom liegt ja eigentlich den ganzen Tag nur auf der Couch, wie soll der denn müde sein? (lacht)

Nach dem Songcontest bist du beim „Boyleske-Festival“ in Wien dabei. Bist du da „nur“ als Sängerin oder gibt es noch mehr Show von dir?

Nein, mehr gibt es da nicht von mir. Da singe ich und tanze nicht. Das Tanzen überlasse ich dann den Profis. Das Festival macht ja mein Ehemann und ich bin so stolz auf ihn, weil er das so gut macht. Ich habe in den letzten Monaten nicht nur einmal zu ihm gesagt, es können sich viele Produktionsfirmen was von ihm abschneiden, denn so organisiert wie er ist, da ist er weitgehend allein. Er ist schon wirklich unglaublich.

interview | petra ortner
foto | peter riel jun.

web | www.conchitawurst.com
www.facebook.com/ConchitaWurst

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