Trippig: Apocalyptica rocken am Cello und im Oktober in Wiener Gasometer.
Neuer Sänger, neues Album, neue Auftritte. Die finnischen Cello-Rocker starten mit Schwung durch und präsentieren ihr großartiges Album „Shadowmaker“ auch im Wiener Gasometer. Das momag sprach mit Paavo Lötjönen (Cello) und Mikko Sirén (Schlagzeug) im Wiener Addicted To Rock-Store.

“Erstmals in der Geschichte von Apoclayptica gingen wir alle gemeinsam mit unserem eigenen Sänger in den Proberaum”
Fotos: Wolfgang M. Bauer
Was war die größte Herausforderung bei der Arbeit an eurem achten Studioalbum?
Paavo: Wir freuten uns schon richtig auf die Arbeit. Fast zwei Jahre gingen wir nicht auf Tour, hatten aber ein paar Nebenprojekte, Crossover-Sachen. Eines davon war „Wagner Reloaded – Live in Leipzig“ mit dem MDR Sinfonieorchester, einem großen Chor und zweihundert Tänzern. Ein großes Tanz-Theater über Richard Wagners Leben, davon haben wir das Album „7th Symphony“ gemacht, mit dem wir auf Tour gingen. Mit dabei hatten wir ein kleines Symphonie-Orchester. Wir spielten all unsere Apocalyptica-Songs, die wir extra fürs Orchester umarrangiert haben. Damit haben wir ein wenig mit der Klassischen Musikwelt geflirtet, es war bombastisch und massiv.
Mit dem neuen Album wollten wir von Anfang an wieder zurück zum Ursprung, mehr Rock, mehr zu unseren Wurzeln. Es sollte wieder einfacher sein und berührend. Außerdem wollten wir diesmal einen Sänger, der bei allen Songs dabei ist. Wir machten also eine Menge „geheime“ Auditions, zu denen so um die zwanzig Sänger kamen. Schließlich hatten wir das große Glück, Franky Perez zu finden. Seine Stimme hat uns alle sofort überzeugt. Erstmals in der Geschichte von Apocalyptica gingen wir alle gemeinsam mit unserem eigenen Sänger in den Proberaum (lacht). Das machte einen großen Unterschied zu dem, wie wir zuvor gearbeitet haben.
Mikko: Wir haben uns bereits um alle Herausforderungen gekümmert, bevor wir ins Studio gingen. Das nahm uns viel Stress. Wir nahmen uns auch eine kleine Auszeit nach der Tournee, um Abstand zu gewinnen und mit neuem Schwung und neuen Ideen, gut vorbereitet, ins Studio zu gehen.
Wie hat sich mit dem neuen Sänger das Songwriting verändert?
Mikko: Er kommt aus Las Vegas und da Englisch seine Muttersprache ist, sind die Texte natürlich ausgereifter. Aber auch viele musikalische Ideen brachte er ein. Oft sind seine Stimme und die Celli ein gemeinsames Ganzes. Und unsere Musik ist ausgereifter als jemals zuvor.
Paavo: Wir waren viel mehr darauf konzentriert, die Songs auf die Stimme abzustimmen, sie sofort mit der Stimme zu arrangieren.

“Wir haben keine Drogen genommen, obwohl manche Songs so wirken”
Wie viel Zeit habt ihr im Proberaum verbracht?
Paavo: Zwei, drei Monate insgesamt. Erst im Proberaum, dann beim Produzenten die Pre-Production. Dann wieder zurück nach Stockholm, um noch mal intensiv zu proben (lacht). Das Mixen hat dann eine Ewigkeit gedauert, da waren wir übergenau.
Mikko: Für dieses Album haben wir jeden genau ausgesucht. Den Mixer, den Produzenten, den Grafiker. Weil wir einfach genau wussten, was wir haben wollten. Wir waren unabhängig, da wir kein Plattenlabel hatten, das dreinreden hätte können. Darum sind wir auch so stolz auf „Shadowmaker“. Manche Sachen sind richtig „mushroomy“ geworden. Trippig. Wir haben keine Drogen genommen, obwohl manche Songs so wirken (lacht).
Woher nehmt ihr eure Inspiration?
Paavo: Von diesen gewissen Pilzen? Nein! (lacht) Wir essen höchstens Champignons. Ich denke, jede kreative Person nimmt alles, was um sie herum passiert, auf. Gebäude, Kunst, Filme, Musik im Radio. Es ist schwer zu erklären, woher die Inspiration kommt. Als wir geprobt haben, hörten wir sehr viele alte System Of A Down-Sachen, alte Rick Rubin-Produktionen und Slipknot. Das war der Sound, den wir erreichen wollten. Sehr intim, rau. Das sind die offensichtlichen musikalischen Einflüsse, die wir für „Shadowmaker“ hatten.
Wie übersteht ihr lange Tourneen?
Paavo: In den letzten vier Jahren haben wir nicht so viel getourt. Heuer wird es dafür umso intensiver. Das wird wieder eine echte Herausforderung. Aber wir haben schon gelernt, nein zu sagen. Wir haben auch schon Tour-Angebote abgelehnt, von denen es hieß: „Das ist unglaublich wichtig, diese Tour müsst ihr machen.“ Es ist wichtig, zu wissen was man machen will und kann und was man besser sein lässt. Nach all den Jahren haben wir gelernt, dass wir nicht zu allem ja sagen können.
Mikko: Denn man braucht auch ein Leben außerhalb des Musikbusiness. Glücklicherweise haben wir auch ein Privatleben. Familie, Freunde.
interview | petra ortner
web | apocalyptica.com
termin |12.10. Wien, Gasometer