12.09.2013 0 Kommentare

Vögeln im Saustall: La Brass Banda im Interview

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Foto: privat

La Brass Banda aus Bayern bringt die Massen mit einer bunten Mischung aus Blasmusik, Reggae, Tekno und Ska zum Kochen. Das momag plauderte mit Sänger Stefan Dettl und Schlagzeuger Manuel da Coll anlässlich des neuen Albums „Europa“ an einem wunderschönen Sonnentag in Wien.

Stefan, du hast sehr früh Trompete gelernt, ein Klassisches Trompetenstudium absolviert, dann Jazz, hast Barockmusik studiert. Wie kam es zu all dem?

Stefan: Zufällig. (lachen) Eigentlich sollte es überhaupt keine solchen Klassifizierungen geben, sondern bloß ein Studium „Musik“. Schau dir Mozart an zum Beispiel: der hat komponiert und die Sachen sind im Saustall aufgeführt worden, die Leute haben Henderl dazu gegessen und haben dann gevögelt. (lachen) Und allen hat es gefallen. Es gibt von ihm ja so Opus-Bezeichnungen. Das eine Opus ist ein Kirchenstück für Orgel und das nächste ist ein vierstimmiger Männergesang der heißt „Euch Schweinen, ich furz euch…“ so irgendwas. Er hat das gebraucht. So ist es bei mir auch irgendwie. (lachen)

Manuel: Du hast dich jetzt schon zum zweiten Mal in einem Interview mit Mozart verglichen, gell!

Stefan: Ich finde das aber sehr charmant. Musik ist für die Leute da. Wenn man Musik spielt – egal ob Klassik oder HipHop, Jazz oder irgendwas – das kann man nicht trennen! Es ist etwas, das die Seele berührt und sollte nicht so verkopft dargestellt werden. Darum war es beim Studium schon so, dass ich einfach Musik studiert habe.

Wann bist du auf die Idee gekommen, „Moderne Volksmusik“ zu mischen mit Techno, Reggae usw.?

Stefan: In New York hab‘ ich eine New Orleans Brass Band mit HipHoppern gehört. Die haben Vollgas gegeben und die Mädels haben voll getanzt – zu Blechblasmusik. Wir wollten dann unbedingt eine Band gründen, mit der wir die Musik, die wir studiert haben, spielen können und die Leute trotzdem Spaß haben.

Ihr seid als erstes auf BBC gespielt worden. Wieso zuerst in Großbritannien?

Stefan: Keine Ahnung. Die bayrischen Radiosender haben bis heute noch nicht Notiz von uns genommen. Der Prophet im eigenen Land, das ist normal. Wir haben das Glück, dass wir auf vielen internationalen Festivals spielen dürfen, das gibt uns ein super Selbstvertrauen. Wenn uns ein Journalist in München sieht und fragt: „Hey, ihr seid doch die Lustigen in der Lederhos’n?“ sagen wir: „Nein, das sind wir nicht. Wir kommen gerade aus Budapest, müssen jetzt weiter nach London und dann nach Dänemark.“ Dann schauen dich die meisten ganz groß an.

Wie soll man sagen. BBC hat, glaube ich, einen unheimlichen Weitblick was Musik angeht. Sie freuen sich, wenn sie andere Musikstücke kennenlernen.

Ihr seid viel herumgekommen, von Afrika bis Sibirien. Was war der schrägste Auftritt?

Stefan: Wien.

Was???

Stefan: (lachen) Ja. Auf einer super-chicen Teknoparty im Café Leopold. Wir waren als Live-Act angekündigt, gehen durch die Leute und alle reagieren eher angewidert. Wir haben gestunken, waren barfuß, alles voller Lehm und Dreck und so gingen wir auf die Bühne und meinten: „Servus. Wir sind Bayern und machen jetzt Tekno.“ (lachen) Dann haben uns die Leute groß angeschaut. Nach fünf Minuten war es den Mädels aber egal, die haben ihre Stöckelschuhe weggeschmissen und es waren dann ganz normale Menschen. Das war schön. Das war echt der skurrilste Auftritt.

Du bist Komponist und schreibst auch die meisten Texte selbst.

Stefan: Ich habe meistens eine Gitarre da, spiele und sing dazu irgendeinen Fantasietext. Irgendetwas bleibt hängen, du wiederholst es und wenn ich das dann eine viertel Stunde singe, ist es meist das beste Zeichen dafür, dass es auf eine Platte muss. Dann schreibe ich darum herum einen Song, geh zu Manuel und sag ihm: „Komm, mach da mal bum-zack-bum.“ Er sagt dann: „Nein, das mach ich nicht.“ (lachen)

Manuel: Ich mach nur bum-bum. (lachen)

Du hast ja Schlagzeug studiert. Wie bist du zu diesem Instrument gekommen?

Manuel: Ich hätte eigentlich Gitarre lernen sollen. Aber alle Instrumente, die ich angepackt habe mit sechs, sieben Jahren sind irgendwie zu Bruch gegangen, außer das Schlagzeug. Bei meinem damaligen Energiehaushalt war Trommeln das Beste. Zu Hause geübt auf Kochtöpfen mit Kochlöffeln. Ganz klassisch. Die sind aber auch immer kaputt gegangen und so war irgendwann die Zeit reif für das Schlagzeug.

Würdet ihr auch Hochdeutsch oder Englisch singen?

Stefan: Nein, das geht nicht. Im Bayrischen kann ich Sachen besser ausdrücken. Wenn ich Hochdeutsch reden muss, in Talksendungen oder so einem Scheiß, dann stottere ich immer und bin nervös. Wenn ich Englisch reden muss bin ich total unsicher. Ich versuch‘ es, aber ich bin total verklemmt. Auf Bayrisch kann ich viel mehr Bedeutung in die Wörter legen.

Und wenn in Sibirien einer sagt: „Ist zwar toll, aber ich versteh‘ kein Wort“?

Stefan: Außerhalb des deutschsprachigen Raums stellt keiner die Frage. In Russland hat uns noch niemand gefragt, warum wir Deutsch singen, die haben gesagt: „Hey! Lustige Musik“ (lachen) Macht noch weiter Musik, trinken wir noch was, tanzen wir. Es gibt aber viele Fans, die die Texte übersetzen.

Manuel: Es gibt sogar eine Taubstummen-Übersetzung für zwei, drei Texte. Das ist das Schöne, dass sowas von alleine läuft.

Wer hat bei eurer neuen CD das Cover gemacht?

Stefan: Die Schauko-Zwillinge aus Bad Aibling, total durchgedrehte Typen. Sie sind auf uns zugekommen und meinten: „Hört zu. Wir haben das Gefühl, wir machen die Grafik so wie ihr Musik macht.“ Sie sind 35 oder so und haben Grafik-Design studiert, aber aufgehört, haben zu Hause im Keller irgendwas gemacht und sind nach drei Jahren wieder zur Diplomprüfung zu einem alten Grafik-Professor gegangen und haben dort einen Einser bekommen. Von da weg wurden sie verpflichtet, ein Buch zu machen und haben damit in der ganzen Welt Grafik-Design unterrichtet. Total skurril, sie sind Freaks. Die wohnen in so einem alten Kino bei uns bei Rosenheim und sind wahnsinnig lustige Typen. Bei jedem Cover-Vorschlag war der Tenor: „Genau das ist es!“ War eine total schöne Zusammenarbeit.

Warum ist Österreich nicht dabei auf der „Europa“-CD, zwischen all den anderen Ländern?

Manuel: Das ist schwierig. So viele andere Länder sind ja auch nicht dabei. Österreich ist, glaube ich, etwas für die nächste Platte. (lachen) Wir sind einfach noch nicht weit genug, musikalisch. Es gibt einfach Elemente, die so nah an der bayrischen Musik dran sind und trotzdem so anders, dass wir das noch nicht ganz greifen können.

Stefan: Die nächste Platte heißt „Österreich“. (lachen)

Was ist das nächste große Ziel?

Stefan: Heute noch ein Schnitzel essen. (lachen)

Und musikalisch?

Stefan: Wir genießen das alles so. Wenn du die Chance hast, von Konzerten zu leben und wenn wir das alles so lange machen können wie es nur geht, dann ist das die größte Erfüllung.

Interview: Petra Ortner

internet | http://www.labrassbanda.com/

Rubrik:: Kultur

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